Biografie Werke
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Schmandt, Edgar

Geboren am: 12.01.1929 in Berlin Gestorben am: 13.07.2019 in Mannheim
Ausstellungen
  • 2018 MAN, REM, Mannheim (E)
  • 2016 AKKU Projektraum, Künstlerbund Baden-Württemberg, Stuttgart (E)
  • 2014 Galerie Angelo Falzone (E)
  • 2001 Galerie Angelo Falzone (E)
  • 1985 Kunsthalle Mannheim (E)
  • 1967 Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf (G)
  • 1966 Kunsthalle Mannheim (E)
Literatur (Auswahl)
  • 2019: Maskenfall. Edgar Schmandt und Manfred Klenk, Waldkirch Verlag, Mannheim
  • 2009: Mit Dir sterben das wäre ein Leben: Caput Mortuum - Brieftexte und Kopfgrafiken. Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg
  • 2001: ... und Gott sah dass es gut war. Selbstverlag
  • 1980: Kunst der 80er Jahre, Künstlerbund Rhein-Neckar, auch Vorwort
  • 1979: Kunst des Rhein-Neckar-Raums (auch Nachwort)
  • 1974: Camargue Zeichnungen, Edition Starczewski, Höhr-Grenzhausen
  • 1969: Moritat. Neunzehnhundertubermorgen. Grafik, Bläschke Verlag, Darmstadt
  • 1968: Europäische Ansichten, Zeichnungen, Holzschnitte. Harry von Hofmann Verlag, Hamburg
  • 1961: MAN. Selbstverlag
  • 1957: Erasmus. Holzschnittfolge, Sauerländer Verlag, Frankfurt/M.
Arbeiten in öffentlichem Besitz (Auswahl)
  • Kunsthalle Mannheim
Auszeichnungen (Auswahl)
  • 2019: Willibald-Kramm-Preis, Heidelberg
  • 2016: Erich-Heckel-Preis, Künstlerbund Baden-Württemberg
  • 1988: Dritter Preis, Kunstpreis Sparkasse Esslingen (Jury Günther Wirth, Götz Adriani, H. A. Peters)
  • 1981: Erster Preis Perron-Kunstpreis, Frankenthal
  • 1977: Diplome d'honneur Palme d'Or des Beaux Arts, Monte Carlo
  • 1977: Dritter Preis für Wandgestaltung, Staatsbibliothek Berlin, Architekt Hans Scharoun

Edgar Schmandt war ein Grenzgänger zwischen figürlicher und abstrakter Malerei, aber auch ein begabter Musiker, Schriftsteller und Dichter. Und wie sich bei der Sichtung seines Nachlasses erst jetzt herausstellte, auch ein origineller und witziger Illustrator und Grafiker. Er gehörte zur ersten Generation Mannheimer Künstlerinnen und Künstler der Nachkriegszeit.

"Ursprung und Wirkung von Schmandts Bildern liegen weniger im Ästhetischen als im Geistigen, seine Bilder sind voller mythologischer, symbolhafter Andeutungen, das Magisch-Mystische, Ideogramme regieren, Doppelaxt, Hieroglyphen, Mäander, also Zeichen stehen im Mittelpunkt." Heinz Fuchs, Kunsthalle Mannheim

Edgar Schmandt in seinem Atelier, 1960er Jahre. Foto: MARCHIVUM, NL Schmandt

Biographie

Edgar Schmandt wurde am 12. Januar 1929 in Berlin geboren. Noch in den letzten Kriegsjahren begann er eine Ausbildung zum Retuscheur und dann ab 1945 zum Baumaler, aber er besuchte auch die Meisterschule für das Buchgewerbe. Er studierte dann an der Hochschule für angewandte Kunst, Berlin, und danach bis 1951 an der Hochschule für bildende Künste, Berlin, bei Carl Hofer, Hans Orlowski und Will Grohmann. Zeitgleich studierte er Geige an der Städtischen Musikschule und wusste lange nicht, welchen Beruf er ergreifen sollte.

Mit Porträtstudien und figürlichen Zeichnungen im zerbombten Berlin beginnt er, sich als junger Mensch praktisch mit Kunst zu beschäftigen.

Seit 1963 hatte Edgar Schmandt ein Atelier im 5. OG der Alten Sternwarte Mannheim. Foto: Künstlernachlässe Mannheim

1956 zog der Künstler dann in den Süden nach Mannheim, da Paris, die langjährige Welthauptstadt der Kunst, noch wichtig war und sie im Südwesten näher lag. Ein zerrissener Lebensanfang, zwischen den Zonen, denn er wurde 1955 in Ostberlin inhaftiert während der Stalinzeit wegen Verdachts auf Spionage und war noch zwei Jahre im Gefängnis. In Mannheim studierte er dann noch einmal an der Freien Akademie bis 1958.

Künstlerisches Werk

Frühwerk

Das erste malerische Werk, um das es hier gehen soll, ist Schmandts Torso von 1964.

Torso 1, 1964. Mischtechnik auf Leinwand, 131 x 85 cm.

Wie auch bei anderen Titeln hat er das Thema mehrfach bearbeitet: Das Thema des Torsos, der Figur ohne Kopf und Gliedmaßen, spricht natürlich immer auch die Grausamkeit des Krieges an. Aber auch das darf man nicht vergessen, die große und erste Ausstellung in Deutschland von Francis Bacon 1962 in der Kunsthalle Mannheim, die Heinz Fuchs ausrichtete und die Spuren hinterlassen hat in der Region. Und ähnlich wie Bacon interessiert Edgar Schmandt nicht nur das Thema, sondern vor allem die Komposition, die Farbigkeit, die Art der Darstellbarkeit des Schreckens.

Immer figürlich, selten abstrakt ist der Künstler hier auf der Höhe seiner Zeit. Monströs, in den Formen gewaltig, Der Torso als Symbol für Zerstörung und Versehrtheit des Körpers gewinnt an Bedeutung. Bei diesem Gemälde ist aber auch die Farbigkeit anzusprechen: dunkel, schwarzgrau, aber auch petrol  und dunkles Lila nutzt unser Künstler, vielleicht auch um die Giftigkeit der Gewalt zu beschreiben.

In den 1960er Jahren versenkt sich Edgar Schmandt aber auch in die Welt der Symbole. Er reist nach Island und England und studiert die archaischen Zeichen der nordischen Mythologie. Die Bedeutung der Runenschrift und Symbole des Werdens, Seins und Vergehens. In seinem Mannheimer Atelier baut er den gesammelten Formenschatz - Sonnenräder, Spiralen und Mäander - schließlich zu verschlüsselten Motiven zusammen. Auf mehreren Leinwänden lässt er zeitlose Zeichen über düstere Malgründe wandern. Geheimnisvolle Bilder entstehen so, die er im Mai 1966 schließlich auch in der Mannheimer Kunsthalle zeigen kann.

Opfer, 1966. Öl auf Leinwand, 115 x 150 cm.

Hier sehen wir ein Werk, das ausnahmsweise starkfarbig ist und viel Rot enthält, was sehr ungewöhnlich ist für den Künstler. Oder wie Heinz Fuchs im Katalog der Kunsthalle 1966 sagt: "Ursprung & Wirkung von Schmandts Bildern liegen weniger im Ästhetischen als im Geistigen, seine Bilder sind voller mythologischer, symbolhafter Andeutungen, das Magisch-Mystische, Ideogramme regieren, Doppelaxt, Hieroglyphen, Mäander, also Zeichen stehen im Mittelpunkt."

Die Serie Phänotyp

In den 1970er Jahren behandelt Schmandt auch Themen, die für ihn sehr wesentlich sind. Wir haben ja schon gehört, er war sehr interessiert an den Vorgängen seiner Zeit, hat sich mit Naturwissenschaften, Soziologie und Genetik befasst, viel gelesen und diskutiert.

Im Titel ist mit Phänotyp das Erscheinungsbild in der Genetik angesprochen, die Menge aller Merkmale eines Organismus. Da bezieht sich nicht nur auf morphologische, sondern auch auf physiologische Eigenschaften und sogar auf Verhaltensmerkmale. Der Phänotyp wird durch das Zusammenwirken von Erbanlagen und Umweltfaktoren bestimmt. (Wikipedia)

schmandt phänotyp

Bei Edgar Schmandt entsteht eine große Serie von Gemälden (bis 20 Exemplare) unter dem Titel, die eigentlich das menschliche Gesicht abbilden. Aber immer sehr flach, nie räumlich gedacht und gegeben, sondern zeichenhaft und archaisch.

Seine Malerei ist sehr nuanciert: Die Schichten, die sich via Auge ins Hirn projizieren, haben den gleichen Wert, wie die, die der Phantasie entstammen. Figuren und Gesichter verschmelzen, Blitze können genauso gut von innen wie von außen kommen. Dennoch bleibt der Grundton sämtlicher Arbeiten düster und pessimistisch. Mag sein, dass sie dazu dienen, die dunklen Stellen seines langen künstlerischen Ringens und negativer persönlicher Erfahrungen zu bündeln.

In diese Zeit fallen auch seine Serien double bind (1970-71), Schizothym (1971) und Suizidversuch (1970-72), festgehalten in einem kleinen Katalog, der zudem darauf verweist, dass Edgar Schmandt schon damals ein Atelier in der Alten Sternwarte hatte bis zu seinem Tod.

Serie Camargue (1970er Jahre bis 1990)

In die Camargue reiste Edgar Schmandt mehrfach, weshalb auch mehrere Arbeiten über einen Zeitraum von 20 Jahren existieren.

Camargue Aigues-Mortes 1973/74. Öl auf Leinwand, 100 x 100 cm.

Ganz graphisch wirkt diese Arbeit aus den 1970er Jahren und ausnahmsweise sehr farbenfroh. Aigues-Mortes ist eine alte Hafenstadt in Südfrankreich, die im 13. Jahrhundert gegründet wurde und von einer alten Stadtmauer mit Türmen umgeben ist. Der Name bedeutet "Tote Wasser". Wie bei Peter Schnatz führt das Reisen bei Schmandt zu einer Veränderung der Themen, der Farben und der Lebendigkeit.

Schmandt Camargue

In den späteren Jahren nutzte er häufig diese Werke als Grundlage für weitere Bearbeitungen, die zum Teil nicht erhalten sind. Auch Plakate überarbeitete er in den 1990er Jahren.

Camargue, 1981. Mischtechnik auf Papier.

Ein großer schwarzer Vogel fliegt über eine gebirgige Landschaft. Sicherlich handelt es sich bei der Grundlage um ein Plakat, die Arbeit ist nicht erhalten, aber kann als Beispiel für die künstlerische Lebendigkeit von Edgar Schmandt angesehen werden, der ja schon zuvor auch rein grafische Arbeiten angefertigt hatte.

Erfolg und internationale Stipendien

In den 1970-1980er Jahren setzte er dann ein, der große Erfolg für den Künstler. In diese Jahre fallen viele Ausstellungen und Auszeichnungen, etwa für die Villa Massimo, Rom, die Villa Romana, Florenz, oder die Cité des Arts, Paris.

Villa Massimo, Rom, 1977 - Reihe "Condottieri"

Die Reihe der "Condottieri" entsteht während des Rom-Stipendiums in der Villa Massimo 1977. "Den Söldnerführer und Kriegshelden, der die Epoche der Frührenaissance beherrscht hat, als Prototyp des von Machtgier besessenen Menschen, der Angst und Schrecken verbreitet, selber von der Angst vor seinen Auftragsgebern gejagt wird, als Bild-Idee in Rom zu entdecken, ist nicht abwegig." (Dr. Wilhelm Eisenbarth) Francesco Sforza war einer der bekanntesten Condottiere.

Condottiere Francesco Sforza, 1977. Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 100 cm

Das Bild hier zeigt den Ursprung mit einem angedeuteten Porträt des großen Feldherrn auf der linken Seite des Bildes, von dem überliefert ist, dass er einen Feind mit bloßen Händen zu erwürgen vermochte. Der Bildteil geht zurück auf ein Porträt von Bonifazio Bembo, Hofmaler der Sforza in Mailand, um 1460.

Hier verbindet Schmandt die flachen, fast grafischen Arbeiten der 1960er Jahre mit einem tatsächlichen Porträt, teilt aber die Bildfläche so auf, dass wir frontal zwei schmale, zu Schlitzen geschlossene Augen sehen, vermutlich ein Messer mit Löchern angedeutet.

Die rechte Bildhälfte ist ganz in Hellblau gehalten und unter dem Gemälde stehen die Initialen FR und SF für Francesco Sforza, verziert mit Zeichen, die den Stand andeuten sollen. An diesem Gemälde kann man sehr gut das Vorgehen von Edgar Schmandt erkennen, wenn er sich mit historischen Gestalten beschäftigt: Er nimmt die Geschichte als hochintelligenter, neugieriger Künstler auf, verwandelt sie in einer Mischung aus Realitätsnähe und dem aktuellen künstlerischen Willen um in eine ganz eigene Arbeit in ihrer seltsam flachen Zeichenhaftigkeit.

Schmandt condotieri

Cité des Arts, Paris, 1983/84

Ein weiteres wichtiges Stipendium erhielt der Künstler 1983/84 für die Cité des Arts in Paris. In dieser Zeit beschäftigte sich Schmandt viel mit dem Viertel Marais, weshalb viele seiner Gemälde aus der Zeit Bezüge zu dem Pariser Quartier enthalten und auch so betitelt sind.

Quartier du Marais 11 (Zeichen), 1984. Mischtechnik auf Leinwand, 98 x 95 cm

Hier sehen wir die künstlerische Übersetzung des Stadtplans durch Edgar Schmandt. Das Gemälde beinhaltet aber auch die Geschichte des Quartiers: Der Marais erhielt seinen Namen von einer ehemaligen Sumpflandschaft, die seit dem 12. Jahrhundert trockengelegt und bebaut wurde. Heute ist dieses historische Viertel aufgrund seiner Kulturschätze und seinem Ambiente eines der meist besuchten der Hauptstadt. Es bildet ein Dreieck zwischen der Place de la Bastille, der Place de la République und dem Rathaus. Zudem ist die Rue des Rosiers das Epizentrum der jüdischen Gemeinde von Paris.

Das hier gezeigte Gemälde beinhaltet einerseits den Stadtplan mit seinen Straßen, die Seine, alles dargestellt als Linien in der Fläche, aber auch die genannten Gebäude, die wiederum wie in den schon vordem besprochenen Beispielen dreidimensional erscheinen, heraus geklappt aus der reinen Fläche. Schmandt arbeitet auch hier mit Chiffren, seien es sehr einfache wie das Haus aus Quadrat und Dreieck, aber auch sehr raffinierte wie das Symbol des Christentums als die Tafeln der Zehn Gebote von Moses, gleichsam als Fenster der Kirche.

1990er Jahre

In den 1990er Jahren arbeitet Schmandt viel mit Collageteilen: Diese wieder sehr umfangreiche, durchnummerierte Serie namens "Glücksspiel" enthält etwa wie hier zahlreiche Rubbellose im Untergrund, auf den ein bunter Vogel gemalt ist, also eine Verbindung von Collage und Malerei.

Glücksspiel 7, 1991. Mischtechnik auf Papier, 65 x 99 cm.

Wesentlich scheint der Hintergrund: Eine konzeptuelle Herangehensweise, die vor der Trivialität von Alltagskunst nicht halt macht. Das ganz große Geld, verbunden mit kleinen Papierstückchen, was ja Geld in der Realität ja auch ist, das aber den Wert enthält, dem man ihm zuschreibt. Auch das große Glück wird angesprochen durch Tarotkarten oder Symbole, die es bezeichnen, wie etwa die Schlange. Lustig auch der Verweis auf die Zeit: etwa die Glücksspirale, ein Gewinnspiel, das es seit den 1990er Jahren gibt und das immer wieder hohe Gewinne ausschüttet.

2000er Jahre

... und Gott sah dass es gut war

2000 findet Schmandt Schullandkarten als Maluntergrund, die berühmten Diercke-Landkarten, die eine ganz Generation von Schülern kannte, auf die er seine von Krieg und Landnahme erzählenden Themen aufträgt. In der Mannheimer Galerie Angelo Falzone wurden dann diese Motive, die man unter der Malerei noch erkennen kann, 2001 ausgestellt, insgesamt 14 Exemplare.

Zunächst grundierte er die Landkarten mit lasierender Farbe, damit es möglich war, darauf zu malen. Wichtig war, dass der Untergrund, die Karte, noch sichtbar blieb.

... und Gott sah dass es gut war - Landkarte Deutschland

Die Anlage der Karten ist jeweils gleich: Oben oder unten am Rand ist der Titel in Versalien aufgetragen oder aufschabloniert: Und Gott sah dass es gut war. Entnommen aus der Bibel 1. Buch Moses 1. Da wird die Schöpfung beschrieben und es ist immer wieder der Zwischentext enthalten: und Gott sah, dass es gut war. Das ist natürlich ironisch gemeint, wir haben ja schon oft gehört, dass Edgar Schmandt ein sehr politischer Mensch war.

Hier auf der Deutschland-Karte sieht man das Leuchten der FLAK - der Flugabwehrraketen, gerne bedient von 15-17 jährigen Jungen und von Frauen. Das Strahlen der FLAK ist sehr beeindruckend und realistisch dargestellt, es erinnert aber auch an Lafetten und Stalinorgeln, die auf schweren LKW montiert waren.

Kopf für Prinzhorn Nr. 2, 2004 Prinzhorn 8481/1 (2011)

Für seine Bilderserie Für Prinzhorn behandelt Schmandt überwiegend in phosphorisierendem Grün dargestellte Köpfe, Gesichter, die den Betrachter damit konfrontieren, dass eine Einordnung in normal/unnormal bzw. krank/gesund gar nicht so einfach ist.

Kopf für Prinzhorn 2, 2004. Acryl, Kreide auf Leinwand, 115 x 155 cm.
Foto: Sammlung Prinzhorn, HD

Hier meint die Farbe Grün das Gift, die Gegennatur. Schmandt bewegt sich mit diesen Arbeiten im Bereich der "Out-Art", wie er es nennt, wir würden heute eher sagen "Outsider Art" oder "Art brut", wie die Kunst von psychisch Kranken oder außerhalb der traditionellen Kunst Stehenden oft genannt wird.

Der Künstler befindet sich mit diesen Arbeiten bewusst am Rande der Gesellschaft und unternimmt in diesem Experiment labyrinthische Fahrten ins Innere. Es handelt sich aber auch immer um die Identifikation des bildenden Künstlers mit den Wahnsinnigen. Von alters her, aber mindestens seit dem Arzt Hans Prinzhorn (Bildnerei der Geisteskranken, Berlin 1922) wird die Begeisterung der Bildenden Künstler für die "Irren" deutlich: Alfred Kubin, Paul Klee, Max Ernst oder Pablo Picasso ließen sich von den Patientenwerken faszinieren und inspirieren.

Schmandt behandelte dieses Thema in dem berühmten Schweinfurter Grün. Schweinfurter Grün fand zuerst im 19. Jahrhundert als Malfarbe Verwendung, es wurde wegen seiner Farbintensität und Lichtechtheit sehr geschätzt. Allerdings war seine Giftigkeit auch schon früh bekannt, da es aus Kupfer und Arsen bestand. Edgar Schmandt hat übrigens fast alle Werke dieser Serie der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg vermacht.

MAN - die letzte Ausstellung in Mannheim, 2018

Die 24 Tafeln auf Resopal hat Edgar Schmandt schon vor 40 Jahren angelegt unter dem Hauptaspekt der Trägheit der Masse, so der Untertitel. Aber erst 2018 wurde sie im REM  ausgestellt.

Mit der Trägheit der Masse meint der Künstler - was übrigens leider sehr gut in die heutige Zeit passt - einerseits die Einförmigkeit der Menschen, ihre Austauschbarkeit, ihre Beliebigkeit, andererseits aber auch sehr viel philosophischer nach Martin Heidegger das Diktat der Alltäglichkeit und der Gleichförmigkeit aller menschlicher Wünsche.

Blick in die Ausstellung REM, 2018. Foto: M. Rinderspacher

Auf fotografisch aufbereiteten Platten bewegen sich jeweils (zumeist jedenfalls) drei abstrahierte, menschliche Gestalten, einförmige Wesen, die in ihrer äußeren Anmutung an die Figuren von Horst Antes denken lassen. Dessen Kopffüßler waren sehr berühmt in den 1960er Jahren. Aber Edgar Schmandt bearbeitet sie weiter mit Öl, Kreide, er sprayt sogar. Man kann weiße Striche erkennen, wie Kritzeleien, aber auch Kreuze in allen Formen, vor allem Andreaskreuze, die dann wie Zielkreuze für Schützen erscheinen, die die Stelle auf den Körpern bezeichnen, hinter der das Herz liegt.

Auffällig ist zudem die Fragmentierung aller Körper in einfache Formen, fast kindgerecht möchte man sagen. Zudem existiert eine innere Helligkeit bei etlichen Gestalten, als seien sie von innen beleuchtet. Partien abgeklebt, besprüht, eine eigentümliche Mischung aus sehr moderner Gestaltungsweise und fast archaischem Ansatz.

Diese Ausstellung war die letzte von Edgar Schmandt in Mannheim, die zur Verleihung des Erich-Heckel-Preises fand 2016 in Stuttgart statt, die zum Willibald-Kramm-Preis 2019 in Heidelberg.

Literarisches Werk

In teils bissigen Gedichten und ironischen Fragmenten äußerte sich der Künstler früh schon literarisch. Häufig im Selbstverlag gab er in den 1950er bis 1970er Jahren seine poetischen, häufig auch selbst illustrierten Texte heraus. Später interessierten sich vor allem Mannheimer Verlage für sein literarisches Werk.

Veröffentlichungen:

  • ICH. Satiren, 1955 (Selbstverlag)
  • MAN, 1961 (Selbstverlag)
  • Physiognomie des Versagens. Mit 5 sw Abbildungen. Sternwarte Mannheim (1962)
  • Man Du Ich Es. Bläschke, Darmstadt (1966)
  • Der Krebs läuft rückwärts, 1969 (Starczewski, München)
  • Hosen aus Glas, 1972 (Limes, Wiesbaden)
  • Über die Grenzen. Lyrik. Anthologie, Kassette, S. A. W. Schmitt-Verlag, Zürich (1972)
  • Mit Dir sterben das wäre ein Leben - Caput Mortuum, 2009 (Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg)
  • Das Auge der Zunge, 2014 (Wellhöfer Verlag, Mannheim)
  • Masken Fall, 2019 (Waldkirch Verlag, Mannheim)

Werbegrafik

Es gelang Schmandt in den frühen 1960er Jahren ja rasch, Kontakte zu knüpfen in Mannheim, so etwa auch zu Erich Schlenker, damals Geschäftsführer des Künstlerbunds Baden-Württemberg, der aber auch zuständig war für den Fremdenverkehr in Heidelberg. Dieser vermittelte ihm erste Aufträge für Plakate in der Region.

Auch Mannheim versuchte in den 1960er Jahren, als Einkaufsstadt Fuß zu fassen und dazu eigneten sich Schmandts Werbemaßnahmen in hohem Maße.

Aber Edgar Schmandt war ja in erster Linie Künstler und seine Kontakte zur Kunsthalle Mannheim verschafften ihm 1966 seine erste Einzelausstellung in der Stadt.

 

 

 

Kunst am Bau in Mannheim und bundesweit

In den 1960er Jahren konnte Edgar Schmandt  auch einige Entwürfe für Gebäude verwirklichen. Damals galt das sogenannte "Kunst-am-Bau-Gesetz", bei der 1% der Bauauftragssumme für öffentliche Gebäude für Werke bildender Künstler vorgesehen war.  Beim Wiederaufbau der zerstörten Stadt Mannheim bot dies vielen Künstlern bis weit in die 1980er Jahre hinein einen guten Nebenverdienst.

Wand in der Friedrich-Ebert-Schule, Mannheim. Foto: MARCHIVUM, NL Schmandt

So gestaltete Schmandt beim Neubau der Friedrich-Ebert-Schule 1964 in Mannheim- Waldhof, ein Entwurf des Architekten Carl Mutschler, die Betonwände. Oder 1963 entwarf er beim Amt für Vermögen und Bau in L 4 eine ganz ungewöhnliche Glasfront des Treppenhauses. Die Erneuerung dieser Glasfassade war jetzt (2020) nötig und konnte noch nach neuen Entwürfen von Edgar Schmandt erfolgen.

Holzrelief Schillerschule.
Foto: MARCHIVUM, NL Schmandt

Auch für  die Schillerschule (Architekt Helmut Striffler) an der Ecke Luisen- / Germaniastraße in Mannheim-Neckarau gestaltete Schmandt 1962 die Wände und Flure mit Holzreliefs, die sich mit dem Thema "Märchenwald" beschäftigen. Auch diese Wand blieb bei einer Renovierung 2018/2019 erhalten.

Text: Susanne Kaeppele
Fotos: wenn nicht am Foto genannt - H. - J. Schröder

 

 

 

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