Stallwitz, Walter
- Kunstverein Mannheim, Kunstverein Pforzheim, Kunsthalle Darmstadt, Kunsthalle Mannheim
- 1957 Kunstpreis der Jugend von Baden-Württemberg
- 1957 Stipendium der Michael-Karolyi-Gedächtnisstiftung in Vence (Frankreich)
- 1978 Bronzemedaille der polnischen UNESCO-Kommission für bildende Künste
- 1980 Medaille des polnischen Kulturministeriums
- 1993 erhielt er das Bundesverdienstkreuz, das er ein Jahr später zurückgab
Walter Stallwitz – ein Grenzgänger zwischen figürlicher und informeller Malerei – gehört zur „Garde“ der ersten Generation Mannheimer Künstler der Nachkriegszeit. Sein zentrales und konsequent umgesetztes Anliegen war, sich dem Menschen und seiner räumlichen Umgebung zu widmen.
Biografisches
Eine klassische Nachkriegsbiografie: 1929 in Mannheim geboren, sollte der junge Walter Stallwitz noch in den letzten Kriegstagen eingezogen werden, was seine Eltern verhindern konnten. Mit einer Lehre als Maler und Tüncher sollte er zum klammen Familieneinkommen beitragen. Aber er brach die Lehre ab und studierte lieber mit 17 Jahren an der Freien Akademie Mannheim (1946 bis 1950) bei Paul Berger-Bergner, Carl Trummer und Cherlé (eigentlich Franz Albert Schumacher), der am ehesten den philosophischen Interessen seines Studenten nachkam. Wie viele seiner Kommilitoninnen und Kommilitonen ging er an die Sommerakademie in Salzburg von Oskar Kokoschka, von dem er auch eine zeittypische Anerkennung seiner Kunst erfuhr: Der berühmtere Künstler bescheinigte ihm, dass er „künstlerisch zu Hoffnungen berechtigt (sei), falls er nicht verhungert im prosperierenden Deutschland“.
Aber so schlimm kam es nicht, Stallwitz hatte etliche Ausstellungen und Stipendien in diesen Jahren, wurde etwa von der Michael-Karolyi-Stiftung in Vence (Frankreich) unterstützt. Er hatte relativ schnell Erfolg und konnte mehrfach in der Kunsthalle Mannheim ausstellen, zuerst 1970 unter Heinz Fuchs, aber auch im Kunstverein, in Göttingen oder Pforzheim und er erhielt auch etliche Preise.
Lebensthema Mensch und Porträt
Sein Lebensthema wurde der Mensch und sein Umfeld, die Soziologie und die Psychologie in Verbindung mit Kunst. Stallwitz hat immer viel gelesen, diskutiert und nachgedacht. „Der ausgesparte Mensch“, wie eine Ausstellung der Kunsthalle einmal betitelt war, besagt das genau, aber Stallwitz geht es um die Einmaligkeit und Unverwechselbarkeit jedes einzelnen Menschen. So wurden Porträts seine große Leidenschaft, er machte sich schon in den 1970er Jahren einen Namen mit den Konterfeis von Willy Brandt, Günter Grass, Heinz Fuchs oder Robert Häusser. Das Festhalten auf der Bildfläche mit Tupfen, Taches (Flecken), das ständige Experimentieren, bis der Bildgegenstand wirklich erfasst ist und auf der Bildfläche erscheint.
Aber künstlerisch wichtig waren ihm auch seine Schlingen- und Schattenbilder, die immer auch von der Entfremdung des Menschen in seiner Welt sprechen. Auch seine Kandelaber-Bilder, die verschwimmen in ihrer großartigen Farbigkeit bei gleichzeitigem Verschwinden der sichtbaren Formen im tiefen Raum. Seine philosophische Grundhaltung war zutiefst pessimistisch, was den Menschen und seine Umwelt angeht, aber die Malerei hat ihn immer gerettet, das reine Schauen, denn er hätte immer nur sitzen und schauen können, auf den Menschen überall auf der Welt. Und dass er leidenschaftlich gern Tischtennis gespielt hat, wissen die Freunde und Eingeweihte ...
Zuletzt hat er viele Gemälde der Sternwarte angefertigt, Fensterbilder, die großartige Farbräume erschaffen, ein Flirren und Glitzern erzeugen, und immer wieder ganz irreale Räume, in denen der Betrachtende sich verliert.
Dieses sein Atelier in der Sternwarte ist noch erhalten und die Künstlernachlässe Mannheim, die seinen Nachlass verwalten werden, wollen dafür sorgen, dass es erhalten bleibt, auch als Zeitzeugnis eines großen kritischen Geistes und großen Mannheimer Künstlers.
Text: Dr. Susanne Kaeppele (zuerst im Mannheimer Morgen, 7.4.2022)
Kunst am Bau - Die Türen der Sickinger-Schule (T 4/T 5) von 1963
2011 wurde die Sickinger-Schule in T 4 / T 5 geschlossen und 2012 abgerissen. 16 der 25 Klassenzimmer-Türen, die Walter Stallwitz gestaltet hat, hat er zum Erhalt im August 2011 ausgewählt.
Die Gestaltung der Türen waren 1963 für ihn der erst große Auftrag für Kunst am Bau der Stadt Mannheim, die er zusammen mit dem Fotografen Hans-Jörg Soldan ausführte.
Die Türen zeigen Motive aus der ganzen Welt oder gehen thematisch auf Unterrichtsfächer ein, z. B. Physik, Chemie. Walter Stallwitz war es wichtig, dass die Türen individuell waren. Sie zeigen eine Reise um die ganze Welt – da gabelt sich der Nil zum Delta, da sieht man die Umrisse des Mittelmeers –, sie zeigen Motive der Inkas, Mayas oder der Pharaonen. Die Türen der Vorschulklassen zeigen eine „kindgerechte“ Geografie verschiedener Kontinente und deren typische Tiergattungen: Um die Umrisse der Antarktis gruppieren sich Pinguin und Seeleoparden. Die Tür des Chemielabors zieren Retorten und Reagenzgläser, die des Handarbeitszimmers – pastellartig gemalte Garnrollen.
Die Idee zu der damals ungewöhnlichen Flächengestaltung kam vom bauplanenden Architekten Eberhard Rohrer. Sie wurden von der Firma Resopal in Groß-Umstadt hergestellt. Die Bilder und die Fotos wurden auf bemalten, übereinandergeschichteten Zellulosebögen aufgebracht und durch Unterdruckverpressung mit einer durchsichtigen Kunstharzschicht bedeckt.
Diese Kunstharzschicht schützt gegen Beanspruchung und Abnutzung – und auch nach fast 50 Jahren Schulbetrieb sind die Türen noch sehr gut erhalten. Diese Technik war in den 60er Jahren en vogue – wer kennt diese Technik nicht von den berühmten Nierentischchen!
Die hauseigene Zeitschrift von Resopal warb mit dem Verfahren als „neuzeitlich interessantes Gestaltungsmittel von bleibendem Wert“ und praktischen Hinweisen zur Montage. Auch HAP Grieshaber nutzte diese Technik und gestaltete eine Wand in der Mensa der Universität Frankfurt.
Text: Silvia Köhler
Film zum 90. Geburtstag
Zu Stallwitz' 90. Geburtstag 2019 haben wir zusammen mit Norbert Kaiser von artmetropol.tv einen Film über ihn gedreht. Sie finden ihn hier.
Hier finden Sie einen Artikel aus dem Mannheimer Morgen zum 85. Geburtstag von Walter Stallwitz von Alfred Huber (26.4.2014)