Schnatz, Peter
- 2000 Galerie Josef Nisters, Speyer; Galerie Artec Nr.1, Mannheim
- 1999 Galerie Ars Videre, Bellheim
- 1998 Kunst im Amtsgericht, Schwetzingen
- 1996 Kunsthalle Mannheim
- 1995 Galerie Stübler, Hannover
- 1993 Villa Meixner, Brühl / Baden-Württemberg
- 1990 Werkstattgalerie Heidelberg (zusammen mit Edgar Schmandt)
- 1988 Galerie Stübler, Hannover
- 1986 Galerie O.G. Zimmermann, Mannheim
- 1985 Galerie Stübler, Hofheim a.Ts
- 1984 Kunstverein Schwetzingen
- 1982 Haus der Kunststiftung Baden-Württemberg, Stuttgart; Zehnthaus Jockgrim
- 1981 Kunsthalle Mannheim
- 1980 Hölzerlips-Zyklus in Hemsbach / Bergstraße
- 1979 Kunstverein Bruchsal; Galerie "Alt Frankenthal", Frankenthal
- 1978 Galerie Valle, Weisenheim
- 1977 Die Galerie (Bausback), Mannheim; Galerie Holz, Mannheim
- 1976 Ausstellungsraum der Stadt Mainz
- 1975 Galerie Holz, Mannheim
- 1974 Die Galerie (Bausback), Mannheim
- 1972 Tangente Mainz
- 1971 Cité Internationale des Arts, Paris; Kunsthalle Mannheim
- 1969 Galerie im Schloß, Darmstadt; Kunstverein Speyer
- 1968 Galerie Tangente, Stuttgart
- 1967 Galerie T, Heidelberg, Freiburg / Breisgau und Tübingen
- 1966 Galerie Tangente, Mannheim
- 1963 Galerie im Theater, Mannheim
- 1962 Damm 17, Mannheim
- Siegfried Gerth, Jochen Kronjäger und Werner Marx, Katalog „Peter Schnatz – Gemäldezyklen“ zur Ausstellung 1996 in der Kunsthalle Mannheim
- Werner Marx, Katalog "Haut"-Bilder von 1988 bis 1991, 1991
- Werner Marx, Katalog "Grenzmarken", Kunstverein Landau, 1990
- Werner Marx, Kunstzeitschrift "Passagen", 1988
- Ursula Lind-Pawlak, Katalog Peter Schnatz, Kunstverein Schwetzingen 1984
- Heinz Fuchs, Katalog Peter Schnatz, Kunsthalle Mannheim 1971
- Regierungspräsidium Karlsruhe
- Kunsthalle Mannheim
- Geschwister-Scholl-Schule Mannheim-Vogelstang
- Carl-Benz-Schule Mannheim-Neckarstadt
- Hallenbad Mannheim-Neckarau
- Nachbarschaftshaus Mannheim-Rheinau
- Stadt Speyer
- Staatsgalerie Stuttgart
- Kunstkreis Südliche Bergstraße, Wiesloch
- 1980 Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg
- 1979 Goldmedaille für Malerei, Toulon
- 1970/71 Stipendium für die Cité Internationale des Arts, Paris
- 1969 Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer
"Peter Schnatz war ein sensibler, stets kritischer Geist, der gesellschaftliche Entwicklungen hellwach verfolgte und daraus seine erfolgreiche Malerei formte" (Chr. Heybrock).
Peter Schnatz' Werk wurde schon früh beachtet und beschrieben, ihm galten zahlreiche Zeitungsbesprechungen, Artikel und Kataloge, wovon der wichtigste sicherlich der von Jochen Kronjäger 1996 in der Kunsthalle Mannheim war, aber auch Werner Marx (leider 2016 verstorben) widmete ihm mehrere Texte.
Biografisches
Peter Schnatz wurde 1940 in Ebringen bei Freiburg geboren, sein Vater war Kaufmann, fiel aber schon 1941 zu Beginn des Frankreichfeldzuges. Die Mutter zog dann mit ihm und den älteren Brüdern (Jahrgang 1935 und 1937) nach Mülheim/Baden.
Peter Schnatz besuchte die Waldorf-Schule in Freiburg, wohin er schon mit 13 Jahren zog. 1955 begann er eine Lehre als Schaufensterdekorateur, wohl ein Kompromiss aus den schon vorhandenen künstlerischen Neigungen und dem Wunsch der Familie nach Sicherheit.
Anfänge in Mannheim
Nach der Lehre kommt er 1958 nach Mannheim, um an der Freien Kunstakademie zu studieren. Bis 1962 war er Schüler von Paul Berger-Bergner, der ja eine ganze Generation von Künstlern unterrichtete und prägte. In dieser Zeit lebte er im Kolpinghaus und hatte erst ab 1965 eine eigene Wohnung in der Neckarstadt in Mannheim.
Damals geschah sehr viel im Leben des jungen Künstlers: Peter Schnatz hatte erste Ausstellungen, u. a. in der Kunsthalle Mannheim, er erhielt 1969 den Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer, ein Stipendium des Landes Baden-Württemberg für die Cité internationale des arts in Paris (1970/71) und eine Goldmedaille für Malerei in Toulon (1979).
Kulturpolitisches Interesse
In den 1980erJahren gehört Peter Schnatz mit Gerd Lind bundeweit zu den Mitbegründern der Künstlersozialkasse (1983), die beiden sind auch Wegbereiter für die Gründung des BBK Mannheim, der bis heute auch mit der Druckwerkstatt und Kunstkursen in der Alten Hauptfeuermache Mannheim Künstlerinnen und Künstlern ein weiteres Standbein gibt. Schnatz war auch bei der Gründung der Freien Kunstakademie Mannheim beteiligt.
Peter Schnatz stirbt 2004 in Mannheim durch Freitod.
Künstlerisches Werk
In den frühen 1960er Jahren entwickelte er einen leicht abstrahierenden, sanften Stil. Die häufig in dunklen, erdigen Tönen gehaltenen Werke enthalten oft geometrische Elemente wie die Kreisform. Manchmal ist sie eindeutig als Sonne oder Mond zu verstehen, lassen sich die parallel angeordneten Streifen als Wolkenbänder oder als Grenze zwischen Himmel und Erde lesen.
Die Neo-Ikonen
Eine neue Bildgattung entwickelte Peter Schnatz in den frühen 1960er Jahren: Die Neo-Ikone. Er nutzte das bekannte alte Schema der Ikone, des Heiligenbildes der Ostkirche: Abstrahierte Formen, wie in diesem Beispiel, auch geometrische, werden in Acryl auf Blattgold auf Holz aufgetragen.
Schnatz bezieht sich hier auf Kasimir Malewitsch und sein "Schwarzes Quadrat" von 1915, das dieser wie eine Ikone oben in die Raumecke des Ausstellungraumes gehängt und somit die erste abstrakte Ikone geschaffen hatte. Auch bei Schnatz spielt die Nichtfarbe der Farben eine große Rolle.
Einflüsse Francis Bacon und Henry Moore
Peter Schnatz' Stil in dieser Zeit ändert sich, wird zunehmend geprägt durch die internationale Kunst der Zeit wie etwa durch Francis Bacon, der 1962 seine erste europäische Einzelausstellung in der Kunsthalle Mannheim hatte und dessen Werk Schnatz sehr beeindruckte.
Auch Henry Moore und seine Erfindungen in Plastik und Skulptur der 1950er Jahre liefern hier die bestimmenden Versatzstücke für die Malerei von Peter Schnatz. Beispielsweise scheint die scherenartige Form rechts im "Lackbild" von 1966 der Reclining Figure (1951) entnommen, die bei Moore den Kopf vertrat.
Einflüsse Pop Art und Grafikdesign
Eine neue Werkgruppe kommt 1968 auf, nun deutlich beeinflusst von der Pop Art, aber auch vom Grafikdesign jener Jahre. Seine Beschäftigung mit Werbung ist nur kritisch denkbar.
In der obigen Arbeit 666 von 1969 werden lebendige, popartige Farben und Formen kombiniert mit an Konstruktionszeichnungen erinnernde, gestrichelte Linien vor heftigem Schwarz.
Wie aus dem Nichts kommt der rosafarbene Balken, der in der Geste des breiten Pinsels ausläuft und die an eine menschliche Figur erinnernden Formen wegzustoßen scheint. In ihrer Mitte dann die Kombination aus rotweißen Streifen, in die titelgebend 666 aufschabloniert ist, und der großen informellen Farbgeste, gekrönt von etwas Dripping – einerseits also die geometrischen Formbegrenzungen, kombiniert mit den fast versteckten Linienmustern, andererseits der Mut zur freien Leinwandfläche und zu starker Bewegung in der Gebärde.
Der Hölzerlips-Zyklus
Der Hölzerlips-Zyklus ist eine typische Serie dieser Zeit, die sich mit den Vaganten des frühen 19. Jahrhunderts befasste.
schnatz - hölzerlips
In zehn großformatigen Gemälden, fünf Siebdrucken und zwei nicht erhaltenen Objekten setzt sich der Künstler mit dem Thema der Straßenräuber auseinander, die außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft standen. Peter Schnatz gestaltete die Arbeiten in einer Mischung aus der Malerei der Pop Art und dem Grafikdesign. Gerade die Typographie, ein wichtiges Gestaltungsmittel jener Jahre, half dem Künstler, sich von der reinen Malerei abzulösen, der diese Künstlergeneration zutiefst misstrauisch gegenüberstand.
Selbstporträts
In diese Zeit fällt auch das berühmte Selbstporträt, das wir leider nicht im Original haben (PSCH_0160: Selbst am 22.4.75). Dazu der Künstler: "Mein Selbstbildnis zeigt den Menschen 'Schnatz' als Maler und als Kartei-Nummer. Die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Zwängen bleibt auch dem 'freien' Künstler nicht erspart, er kann sie aber aufzeigen und wenigstens ästhetisch eine Lösung anstreben!
Die Selbstanalyse wird zur Zeitdokumentation. Zu sehen ist das Selbstporträt im Stile der Hölzerlips-Banden-Porträts, sprich er stellt sich selbst als Gefährten der Räuber dar. Dazu passt auch das Fadenkreuz, in dem das Gesicht gestellt ist, samt dem auslöschenden X, das in Zukunft sehr häufig auf Gemälden von Peter Schnatz auftauchen wird.
Die Tageskreuze
Nach dieser für den Künstler sehr erfolgreichen Zeit kommt der Einbruch im Winter 1976/1977. Eine existenzielle Krise stellt sich ein, die Schnatz nur dadurch meistert, dass er jeden Tag eine kleine Leinwand richtet, das Datum darauf schreibt, den Stand des Mondes dokumentiert und den Tag, das Datum sozusagen mit einem Kreuz ausstreicht. Das ist der Beginn seiner Tageskreuz-Serie.
Das hier gezeigte Bild stammt vom 4.12.76 (PSCH_0126), das ist der ausgeixte, der durchgestrichene Tag, ein weiterer Tag, den der Künstler erfolgreich hinter sich gebracht hat, den er löschen konnte, wie ein Gefangener an seiner Zellenwand.
Zeitzeugen berichten, dass der Künstler diesen Vorgang jeden Tag wiederholen musste, sonst galt es nicht, sein Versprechen an sich selbst und eine über ihm stehende Macht wäre sonst gebrochen worden. Dieser Akt hatte also etwas Magisches an sich. Künstlerisch erinnert er an die konzeptuellen Aktionen von On Kawara, der in den 1960er und 1970er Jahren Postkarten an Eingeweihte schrieb, die entweder nur besagten "I got up" (Ich bin aufgestanden) oder "I am still alive" (Ich lebe noch). Präzise mit Uhrzeit und Datum versehen, sind sie quasi eine Lebensversicherung, also ein Akt, in dem sich der Künstler selbst versichert, dass er noch lebt. Auch On Kawara hatte die magische Angewohnheit, dass er vor 24 Uhr ausgeführt sein musste, sonst galt es nicht. Und genau darum ging es auch Peter Schnatz.
Madonnenbilder
Ein Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg 1979 ermöglichte dem nun fast 40-jährigen Künstler eine Beschäftigung ganz anderer Art: Peter Schnatz konnte dadurch unbeschwert reisen und sich mit der alten Malerei auseinandersetzen. Sein Ausgangspunkt war das Kölner Wallraf-Richartz-Museum, in dem er zahlreiche Madonnenbilder aus dem 15. und 16. Jahrhundert sah, die ihn anregten, sich vor allem mit dem Kind, der Haut des Kindes vor farbigen Hintergründen zu beschäftigen.
Im selben Jahr beginnt Peter Schnatz, große Zeichnungen nackter, hungernder Kinder auf Packpapier anzulegen. Auch daraus wird eine Serie, die bis ins Jahr 1985 reicht, gegen Ende dann einfach Mädchenkörper. Aber die collagierten Bleistiftzeichnungen, mit Klebeband und den beliebten Tageskreuzen versehen, haben ob der Magerkeit, ja Dürre der Jungen und Mädchen eine existenzialistische Kraft. Der Tod scheint nah, auch die Auseinandersetzung mit dem Vietnamkrieg und den folgenden Kämpfen um Kambodscha ist virulent bei einem politisch interessierten und engagierten Künstler.
Haut und Erdhaut
Von 1986 stammt die erste schwarze, Haut betitelte Leinwand, der eine Serie bis 1990 folgt.
In einem Film aus dieser Zeit ist eindrücklich zu sehen, wie der Künstler bei der Arbeit vorging: Auf die grundierte Leinwand trug er zunächst in kräftigen, rhythmischen Bewegungen verschiedene Farben auf, die dann nach und nach mit Schwarz überbedeckt werden. Das können Acryl, Lack, aber auch Farbspray sein. Nach und nach werden so schrundige, dreidimensional wirkende Farbanhäufungen aufgetragen, die jedoch immer wieder die zugrunde liegenden Farben verraten. Auf diese Art und Weise verlässt Peter Schnatz die "heilige Farbe der Abstrakten Expressionisten" (David Sylvester) und begründet sein eigenes Bildthema. Mit Haut ist natürlich zuerst die Tierhaut angesprochen, deren Form der Künstler ja auch anlegt. Aber dann wird durch den gestischen Farbauftrag, den sichtbaren Malvorgang, die Strukturhaftigkeit der Oberfläche das ursprüngliche Thema verlassen, der Verlust des Gegenstandes wird als Verlust des Ichs gefeiert. Die allenthalben vorlugenden roten Farbspuren tun ihren Teil dazu, dass Blut und Tod mitgedacht werden.
In der folgenden Serie, die Erdhaut betitelt und zum Teil auf Bütten angelegt ist, nehmen Zerstörung und notdürftige Wiederherstellung großen Raum ein. Die reine Maloberfläche bricht auf, wird aufgerissen, zerstört und dann wieder wie archaisch zusammengenäht. Wie apokalyptische Landschaften scheinen sie uns, verstärkt durch die Anmutung eines türkisfarbenen Himmels, wie fremde Werke einer zerstörten Zeit.
Reisen
Wie häufig bei einem Wechsel der Werkgruppen war auch diesmal eine Reise der Auslöser: 1994 hielt sich Peter Schnatz in Roussillon, einem provenzalischen Dorf auf, das schon lange berühmt ist für seinen Ockerabbau. Der Künstler nahm viele Proben davon mit und nutzte den Stoff als Grundlage für seine Malerei.
Hier passierte es einfach, dass unter gleißender Sonne und blauem Himmel das Schwarz sich verzog und alle Farben in ganzer Leuchtkraft zum Einsatz kamen. Schnatz nutzte Sackleinen, um die Struktur seiner Malflächen an die Umgebung zu anzupassen, im Wechsel zu feinem Federleinen. Pastos trug er die Farbe im Regenbogenschema auf, überbrückt von einem aus dem Sackleinen hängenden Kabel, das Energieströme symbolisieren soll.
Im Herbst 1995 verbrachte Peter Schnatz ein paar Tage in der Toskana und begann sich künstlerisch mit Ölbäumen zu beschäftigen.
Beeindruckt von der Knorrigkeit alter Ölbäume versuchte er, sie auf Papier und Leinwand zu erfassen. Die Arbeiten auf Bütten stellen den schwarzen Baum vor einen grüngelben Himmel, die Zweige und Blätter werden angedeutet durch rasende Farbspuren. Peter Schnatz entwirft in Acryl auf Bütten rasche Notate und taucht dann vollständig ein in eine üppige Farbgebung; das silberne Flirren der Olivenblätter vor gelbem Himmel, die schwarze Dichte in seinen fast lebensgroßen Stämmen, verbindet der Künstler in Öl mit Sand.
Text: Susanne Kaeppele Fotos: H.-J. Schröder